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erschienen in Unique 6/08

FaschistInnen zu Gast bei FreundInnen
(Fast) Ungestörtes Ustascha-Gedenken im Mai in Kärnten/Koroška

Judith Götz

Schon das rechtsextreme Ulrichbergtreffen im September zeigt, dass geschichtsrevisionistische "Gedenkveranstaltungen" in Kärnten/Koroška gerne hofiert werden. Das beweist auch das jährliche Bleiberg/Pliberk-Treffen im Mai - und so trafen sich auch dieses Jahr traditionsgemäß mehrere tausende Ustascha-AnhängerInnen aus ganz Kroatien auf dem Loibacher Feld nahe Bleiburg/Pliberk bei der Gedenkstätte für gefallene Ustascha-Soldaten, um ihre reaktionäre Brauchtumspflege zu kultivieren. Jedes Jahr im Mai wird dort eine immer größer werdende "Gedenkveranstaltung" abgehalten. Neben der katholischen Kirche wird diese auch von den zwei relevanten Parteien Kroatiens unterstützt: der HDZ, der bürgerlich-konservativen Kroatischen Demokratischen Union und der sozialdemokratischen Partei SDP. Nicht nur die Mythenbildung um das Massaker von Bleiburg wird auf diese Weise ständig neu losgetreten, sondern auch das klerikalfaschistische Gedankengut der Ustascha-Bewegung wiederbelebt.

Die Ustascha-Bewegung und das Massaker
Bei der nationalistisch-religiösen "Gedenkfeier" in Bleiburg/Pliberk gedachten tausende, meist einschlägig schwarz gekleidete, TeilnehmerInnen mit Fahnen, T-Shirts, Symbolen und Abzeichen ihrer gefallenen "Helden" der Ustascha-Bewegung. Diese wurde 1929 von Ante Paveli#263; gegründet, und kam 1941 in Kroatien an die Macht. Sie unterstützte das NS-Regime und ist für den Tod von mehreren hunderttausend ZivilistInnen - unter ihnen zahlreiche JüdInnen, Roma und AntifaschistInnen - verantwortlich. Rund 100 Kilometer südlich von Zagreb gründeten die Ustascha im Sommer 1941 das größte Vernichtungslager des zweiten Weltkriegs auf dem Balkan: das Konzentrationslager Jasenovac. Dass die in Bleiburg/Pliberk getragenen bzw. käuflich erwerbbaren Ustascha-Symbole gegen das kroatische Verbotsgesetzes verstoßen, spielt in Österreich jedoch keine Rolle und hindert weder Politik noch Polizei daran, dem Treffen seinen durchwegs offiziellen Charakter nicht abzusprechen.

So ist es kaum verwunderlich, dass sich bei der "Feierlichkeit" auch Solidarititätsbekundungen für angeklagte Kriegsverbrecher des Jugoslawienkrieges, wie etwa Ante Gotovina, finden lassen. Die Verbrechen der Ustascha werden bei der Gedenkfeier am Wallfahrtsort gerne verschwiegen - vielmehr steht die klassische Opfer-TäterInnen-Umkehrung im Vordergrund des "Gedenkens" an die kroatische faschistische Bewegung und ihre mörderische Miliz: Die ermordeten faschistischen TäterInnen werden mit den Opfern des Nationalsozialismus oder des KZ Jasenovac gleichgesetzt.
Grundlage für die neofaschistischen Bestrebungen bietet der Mythos um das Massaker von Bleiburg. Im Mai 1945 kam es in der Region um Bleiburg/Pliberk zu einem der letzten Gemetzel des Zweiten Weltkrieges. In der Hoffnung, sich der Rache der PartisanInnen entziehen zu können, ergaben sich im Mai 1945 über 100.000 Ustascha-Milizionäre, reguläre kroatische Soldaten, slowenische Heimwehrleute (Domobranci), serbische Tschetniks und zivile Flüchtlinge den britischen Truppen. Diese übergaben sie jedoch an die jugoslawische Volksarmee, da diese auf einer Repatriierung bestanden hatte und gleichzeitig ankündigte, dass nur KriegsverbrecherInnen mit Sanktionen zu rechnen hätten. Im Zuge des Transportes nach Jugoslawien kam es zu Massenerschießungen und Grausamkeiten, bei denen tausende von KollaborateurInnen getötet wurden. Der daraus entstandene Mythos vom "Bleiburger Massaker" wird bei dieser Gedenkfeierlichkeit folglich zum Anlass genommen, den Verbrechen der Ustascha zu huldigen, sie als eigentliche Opfer darzustellen und eine positive Bezugsnahme zu ermöglichen.

Thompson und Ašner
Dass Kärnten/Koroška bereits über eine Tradition in der Beherbergung kroatischer Rechtsextremer verfügt, zeigt sich auch an der Weigerung, den Kriegsverbrecher Milivoj Ašner auszuliefern. Dieser fungierte im Zweiten Weltkrieg als Chef der Ustascha-Polizei in Pozega und war maßgeblich an Deportationen und Vertreibungen von SerbInnen, JüdInnen und Roma beteiligt. Ašner flüchtete 1945 nach Österreich, wo er bereits 1946 die StaatsbürgerInnenschaft erhielt. Auch der rechtsextreme Liedermacher Marko Perkovic alias "Thompson" ist unter den Ustascha-AnhängerInnen sehr beliebt: Zahlreiche T-Shirts und ein breites Angebot an CDs bei der "Gedenkfeier" verdeutlichten dies. Und auch vom Kärntner Landeshauptmann wird er gerne gesehen: Nachdem ein geplanter Auftritt des kroatischen Sängers in St. Andrä in Kärnten/Koroška für internationales Medieninteresse sorgte und trotz der Unterstützung des lokalen Bürgermeisters abgesagt wurde, lud Jörg Haider den Sänger zu einem Privatbesuch ein.

Wenngleich sich heuer erstmals in mehreren (Kärntner) Tageszeitungen eine umfassende Berichterstattung über die "Gedenkfeier" nahe der kleinen Stadt im Jauntal/Podjuna finden ließen, forderte lediglich die GAJ (Grünalternative Jugend) Kärnten/Koroška in einer Presseerklärung die Auflösung des reaktionären Treffens, sowie die längst überfällige Entschädigung aller NS-Opfer. Sie waren die Einzigen, die bei einer Aktion in Bleiburg/Pliberk selbst auf die Verbrechen der Ustascha aufmerksam machten, um ihren Protest gegen die Verherrlichung, Ehrung und Kreation eines Opfermythos um die Ustascha kundzutun.