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Eintopf und Massenmord / Enolončnica in masovno pobijanje

Bolj ko postaja izmišljotina "nemških (in avstrijskih) žrtev" v zvezi z nacionalsozializmom popularna, bolj pomembna postaja vloga, ki jo retrospektivno pripisujejo "nemški" ženski.
Zanicevanje žensk je bil bistveni sestavni del nacionalsocialistične ideologije in prakse, ženska je bila v bistvu omejena na "domačo fronto"; ženske organizacije so bile na vseh ravneh podrejene "führerju".
Avstrijskemu aktualnemu spominu so tuje tako ženske žrtve nacionalsocializma kot tudi storilke tega krutega in groznega režima, pravtako partizanke in članice odporniškega gibanja. V javni zavesti so prisotne le t.im. "Trümmerfrauen" - "odškodnina" pa je spet omejena na matere med njimi.

Am Kriegerdenkmal am Ulrichsberg finden nur die norwegischen "Frontschwestern" und die niederländischen "Helferinnen" eigens Erwähnung auf zwei der Tafeln. Doch je populärer die Erfindung "deutscher (und österreichischer) Opfer" im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus wird, desto bedeutender wird auch die Rolle, die "deutschen" Frauen retrospektiv zugeschrieben wird.

Wer sich näher mit dem Thema beschäftigt - zum Beispiel damit, was die überzeugte Nationalsozialistin Gertrud Scholtz-Klink, ehemalige "NS-Reichsfrauenführerin", in ihrem 1978 (!) erschienenen Machwerk "Die Frau im Dritten Reich" zu sagen hat - wird rasch eines schlechteren belehrt. Voll Begeisterung schildert Scholtz-Klink den Organisationsgrad der Frauen (nach wissenschaftlichen Schätzungen verfügten die NS-Frauenschaft und das Deutsche Frauenwerk über 8 bis 10 Millionen Mitglieder¹ - eine Mobilisierung wie sie von feministischen Bewegungen im deutschsprachigen Raum niemals erreicht wurde), ihren (Arbeits-)Einsatz für den Krieg an der "Heimatfront" und ihre "Opferbereitschaft". Es soll nicht verschwiegen werden, dass die Geringschätzung von Frauen wesentlicher Bestandteil nationalsozialistischer Ideologie und Praxis war - Frauen konnten keine höheren Funktionen in Partei und Staat bekleiden, die Frauenorganisationen waren auf jeder Ebene der geographischen und hierarchischen Gliederung dem jeweiligen männlichen "Führer" unterstellt und der Hass auf den "jüdischen Liberalismus" ging auch mit explizitem Antifeminismus einher - doch nichtsdestotrotz wurde die Einbindung "deutscher" Frauen in das nationalsozialistische Herrschaftssystem aktiv und systematisch betrieben. Bei aller Betonung der "natürlichen" Geschlechterdifferenz in der NS-Ideologie muss bewusst bleiben, dass die zentrale Abgrenzung zwischen "Deutschen" bzw. "ArierInnen" einerseits und Juden und Jüdinnen bzw. sogenannten "Fremdrassigen" oder "rassisch Minderwertigen" andererseits verlief. Nicht zuletzt dadurch lässt sich erklären, dass nicht wenige "deutsche" Frauen ihre begeisterte Beteiligung am Nationalsozialismus als Stärkung ihrer Position erlebten - der psychologische Mechanismus der eigenen Aufwertung zum "Herrenmenschen" durch die Abwertung und schließlich Vernichtung des Anderen (verkörpert vor allem durch Juden und Jüdinnen) war für Frauen nicht weniger attraktiv als für Männer. Dass sich weniger Frauen als Männer direkt am antisemitischen Massenmord beteiligten - während viele zu Zeuginnen und Nutznießerinnen wurden - hat mit der oben erwähnten sexistischen Struktur des Herrschaftsapparates zu tun. Nicht vergessen werden darf dabei die Ermordung von Menschen mit "Behinderungen" und "Asozialen" im Rahmen der sogenannten "Euthanasie" - in diesem Bereich arbeiteten viele Frauen als Sozialarbeiterinnen, Pflegerinnen und Schwestern und waren so direkt beteiligt.

Die NS-Ideologie in Bezug auf "deutsche" Frauen zeichnete sich durch große Flexibilität in den Details - etwa in der Position zur Erwerbstätigkeit - aus, blieb jedoch im Kern stets auf biologische Mutterschaft ausgerichtet. Um das "frauliche" Ideal von Mütterlichkeit und Häuslichkeit rankte sich die Idee einer eigenen "weiblichen Sphäre", die streng getrennt von der "männlichen Welt" des Kampfes, die "deutschen Werte" von Reinheit und Innerlichkeit verkörpern sollte. Die Wissenschafterin Godele van der Decken formulierte in den 80er Jahren:
"Deutsche Innerlichkeit und Idylle, Weihnachtsbaum, Eintopf und Gemütlichkeit waren die notwendige Kehrseite der grausamen Realität des Terrors, der Konzentrationslager, des Krieges und schließlich des Zusammenbruchs."²
Auch wenn der Ausdruck "Zusammenbruch" für die Befreiung vom Nationalsozialismus mehr als schlecht gewählt ist, spricht van der Decken den wichtigen Punkt an: Gerade durch die Schaffung einer scheinbar (!) unpolitischen "weiblichen Sphäre" erreichte das NS-System die Eingliederung von Frauen in die "Volksgemeinschaft". Verlief im traditionellen patriarchalen System der politische Zugriff auf Frauen über die Familie und damit über den (Ehe-)Mann als Familienvorstand, konnten sie nun direkt gemäß den jeweiligen Anforderungen (etwa der Kriegsökonomie) angesprochen und "eingesetzt" werden.

In der aktuellen österreichischen Erinnerungskultur ist davon freilich ebenso wenig zu hören, wie von jenen Frauen, die Opfer des Nationalsozialismus waren. Millionen vertriebene und ermordete Jüdinnen, ermordete und zwangssterilisierte Roma, Frauen die für brutale medizinische "Experimente" herangezogen wurden, sogenannte "Asoziale", verschleppte Zwangsarbeiterinnen, Opfer der organisierten Vergewaltigung in sogenannten "Wehrmachtsbordellen" - sie alle sind dem österreichischen Gedächtnis ebenso fremd wie die Täterinnen, die Spitzel und Denunziantinnen. Auch Widerstandskämpferinnen, Partisaninnen und jene Frauen, die wegen sogenannter "Rassenschande" - zumeist wegen Beziehungen mit osteuropäischen Zwangsarbeitern - in die Mühlen der NS-Justiz gerieten - sucht frau in den Niederungen des Geschichtsbewusstseins meist vergeblich. Es scheint ganz so, als gebe es nur zwei "Funktionen" in denen Frauen erinnert werden sollen: Als sogenannte "Trümmerfrauen", die mit ihrem Arbeitseinsatz den Grundstein für die "Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik" legten einerseits und als hilflose Opfer andererseits - Opfer von Vergewaltigungen durch "die Russen", Opfer der alliierten Bomben und der "Vertreibungen" nach Kriegsende. Kurz gesagt: Frauen sind hier Opfer der Befreier vom Nationalsozialismus und liefern damit prächtigen Stoff für einen breiteren Opferdiskurs, der gleich alle "Deutschen" umfassen kann. Geschickt werden - ähnlich wie in den Debatten um die "Vertreibung" allgemein - unterschiedliche Ebenen vermischt: Die individuelle Ebene, auf der der Opferstatus der vergewaltigten Frau außer Frage steht, mit einer politischen, die diesen Status kollektiviert und ihn der ganzen "deutschen Volksgemeinschaft" (oder zumindest jenem Teil der 1945 zur "österreichischen" wurde) zuschreiben will. Die Erfahrung und das Leid individueller Frauen - aus dem die Opfererzählung ihre moralische Kraft bezieht - verschwinden hinter dieser politischen Instrumentalisierung vollkommen. Ganz im Gegensatz zu diesen Erzählungen von passiven Opfern - und dennoch damit vereinbar, steht die oben angesprochene Geschichte der "Trümmerfrauen". Hier - und nur hier - erscheinen Frauen als aktiv handelnde, das Schicksal in die eigenen Hände nehmende Personen. Es scheint verblüffend, dass auch diese Geschichte ohne Bezug auf den Nationalsozialismus auskommt, und ist doch nur folgerichtig, ist doch auch die "Trümmerfrau" ein unpolitisches Wesen, dass bloß den (Arbeits-)Alltag, nicht die politische Bühne bestimmt. Nicht zu verkennen ist die Parallele zum nationalsozialistischen Frauenbild der stets fleißigen und vor allem "opferbereiten" Frau, die ihrer "weiblichen Sphäre" stets treu bleibt. Da passt es wie das Tüpfelchen aufs i, dass die "Entschädigung", die der österreichische Staat seinen "Trümmerfrauen" im Jahr 2005 gewährte, auf Mütter beschränkt blieb.

Historische Erzählungen stehen stets in Verbindung mit aktuellen politischen Zielen, im Fall der dominanten österreichischen (Nicht-)Erzählungen zu Frauen im Nationalsozialismus bzw. in der unmittelbaren Nachkriegszeit ist diese politische Funktion deutlich zu erkennen: Einerseits legitimieren individuelle weibliche Opfer durch die Verallgemeinerung und Instrumentalisierung ihrer Geschichten einen an den Haaren herbeigezogenen allgemeinen Opferstatus, andererseits stabilisieren diese Geschichten traditionelle Geschlechterklischees von "unpolitischen", passiven Frauen, deren Welt abseits der "männlichen" Öffentlichkeit zu suchen ist. Beides ist für die Gegenwart von Übel.

Lese-Tipps:
Helga Amesberger, Katrin Auer, Brigitte Halbmayr (2004). Sexualisierte Gewalt. Weibliche Erfahrungen in NS-Konzentrationslagern. Mandelbaum-Verlag
Irene Bandhauer-Schöffmann (1997). Weibliche Wiederaufbauszenarien. In: Wolfgang Kos, Georg Rigele (Hg.) Inventur 45/55. Sonderzahl-Verlag
Fantifa Marburg (Hg.) (1995). Kameradinnen. Frauen stricken am Braunen Netz. Unrast-Verlag
Ilse Korotin, Barbara Serloth (Hg.) (2000). Gebrochene Kontinuitäten? Zur Rolle und Bedeutung des Geschlechterverhältnisses in der Entwicklung des Nationalsozialismus. Studienverlag
Hanna Lauterbach (1990). "Aber dann hätten wir ja nur noch Verbrecherinnen..." Kommentar zur Diskussion über den Anteil von Frauen am "Handlungskollektiv Deutschland". In: Lerke Gravenhorst, Carmen Tatschmurat (Hg.) TöchterFragen. NS-Frauengeschichte. Kore-Verlag
Ljiljana Radonic (2004). Die friedfertige Antisemitin? Kritische Theorie über Geschlechterverhältnis und Antisemitismus. Peter Lang-Verlag
Silke Schneider (2004). BeFreier vs. Befreite? NS-Vergangenheit und Weltkrieg in Geschlechterperspektive. In: Michael Klundt (Hg.) Heldenmythos und Opfertaumel. PapyRossa-Verlag
Ingrid Strobl (1989). "Sag nie du gehst den letzte Weg". Frauen im bewaffneten Widerstand gegen Faschismus und deutsche Besatzung. Fischer-Verlag

Fußnoten:
1 nach: Claudia Koonz (1991). Mütter im Vaterland. S 218
2 Godele van der Decken (1988). Emanzipation auf Abwegen. S 115