⇒ www.u-berg.at ⇒ texte ⇒ widerstand im haiderland
Widerstand im Haiderland

"Ganz Kärnten wird mittlerweile vom bösen Imperium des J.H. beherrscht. Ganz Kärnten? Nein, denn ein Kleines..."
"In Koroška leben doch eh nur Nazis" - tja, an dieser Aussage ist zwar etwas dran, ganz zutreffend ist sie aber auch nicht. Es gibt sehr wohl widerständige Menschen aus dem linken und linksradikalen Spektrum, die etwas gegen den alltäglichen Wahnsinn in Kärnten/Koroška tun. Zwar sind es, bedingt durch Auswanderung (oder Flucht) nicht viele, aber trotzdem soll hier ein überblick gegeben werden über diverse lokale Kämpfe der letzten Jahre. Der Schwerpunkt liegt zwar auf dem Thema Antifaschismus, trotzdem sollen auch andere Kämpfe hier erwähnt werden, die sich gegen das repressive Klima in Nordslow... ääh, Kärnten wenden, und an denen sich linke AktivistInnen beteiligt haben. Die U-Berg Aktionstage werden hier verständlicherweise nicht erwähnt. Die folgende Auflistung ist übrigens noch lange nicht komplett!

2002
10. Oktober - Kundgebung gegen Landesfeiertag
Am 10. Oktober wird in Kärnten der Ausgang der "Volksabstimmung" von 1920 gefeiert, bei der ein Großteil der Kärntner SlowenInnen für den Verbleib Südkärntens bei Österreich stimmte. Rechte Organisationen wie der "Kärntner Abwehrkämpferbund" (KAB) und der "Kärntner Heimatdienst" veranstalten seit jeher nationalistische Aufmärsche - zusammen mit dem Land, wohlgemerkt. Einige Jugendliche organisieren am Klagenfurter Domplatz eine Kundgebung gegen das deutschnationale Treiben, stellen zweisprachige Ortstafeln auf, verhängen Transparente, es gibt Reden, Lesungen und Musik. Der aufgestellte "Ulrichs-Berg", auf dessen Gipfel ein Nest mit braunen und, tja, blauen Eiern trohnte, sei an dieser Stelle auch noch erwähnt... Am Landhaushof, wo Jörg Haider und Co. gegen SlowenInnen hetzen, stellt die Polizei in völliger Paranoia Absperrgitter und Riotcops auf.

20. Dezember - Globaler Tag des zivilen Ungehorsams
Ein Jahr nach dem antikapitalistischen Aufstand in Argentinien wird an diesem Tag zu globalem Ungehorsam aufgerufen. Weltweit finden Aktionen statt und auch in Celovec zieht eine Demo mit etwa 70 Leuten durch die Straßen. Die erste klar linksradikale Demo seit Jahren - umso ausgelassener ist die Stimmung. Viel Freude gab es auch über die Unterstützung aus Wien und Slowenien.

2003
1. Oktober - Feuer und Flamme für die FPÖ
Ein Molotovcocktail fliegt gegen die Auslage der damaligen FPÖ (heute BZÖ) Zentrale "Jörgs Treff" in Klagenfurt. Tage danach stürmt die Polizei ohne Durchsuchungsbefehl eine Wohnung in Klagenfurt und nimmt einige Personen fest. Zwei geben die Aktion zu und werden zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt.

10. Oktober - "Partyzan - Kärnten von unten"
Die Kundgebung wird kurzfristig abgesagt. Die Bullerei lässt es sich nicht nehmen den Anmelder im Vorfeld durch verbale Drohungen einzuschüchtern... schade!

28. Oktober - Scheiß Kongresszentrum! Widerstand im Gemeinderat
Etwa 10 linke Jugendliche sprengen die Klagenfurter Gemeinderatssitzung, indem sie ein Transparent hochhalten, eine Rede halten und Flugblätter verteilen. Der Protest richtet sich gegen die Verbauung des "Lendspitzes". Einer der letzten kostenlosen und unverbauten Badeplätze am Wörthersee soll schick gemacht werden... Das ursprüngliche Projekt wird zwar wirklich eingestampft, dafür folgt ein paar Jahre später ein noch viel Wahnsinnigeres (siehe unten).

2004
21. April - Koroška darf nicht Kärnten werden!
Unter diesem Motto findet ein Aktionstag der Grünalternativen Jugend statt. AktivistInnen aus ganz Österreich sind anwesend, es gibt Straßentheater, Infotische und Konzerte.

22. April + 16. September - Demos Gegen die "City Arkaden"
Auf dem Gelände eines ehemaligen autonomen Kulturzentrums plant die Stadt den Bau eines riesigen Einkaufszentrums, der "City Arkaden". Mitverantwortlich ist auch der deutsche ECE-Konzern. Einige hundert Menschen zieht es gegen Umweltzerstörung und Kommerzialisierung auf die Straße, die linke Szene mobilisiert mit eigenen Plakaten und Flyern und ist positiv überrascht von den Anzahl linksalternativer Jugendlicher auf den Demos. Neben den großen Demos gibt es übrigens auch eine mehrwöchige Parkbesetzung sowie einen Anschlag der "Haschrebellen Klagenfurz" auf einen Bagger der City Arkaden-Baustelle. Nutzt aber nix - gebaut wird trotzdem und seitdem muss die Stadt noch sauberer und ordentlicher sein für die BerufsshopperInnen. Detail am Rande: Die Aktionen sorgen nach vielen Jahren für die erste Erwähnung der Kärntner linken Szene im Verfassungsschutzbericht.

30. April + 2. Mai - "No Border Days"
Aktionstage gegen Rechtsextremismus, Kapitalismus, Kärnten und andere Schweinereien. Am 30. April zieht eine bunter Zug von knapp 100 Leuten durch die schicke Klagenfurter Innenstadt, skandiert antifaschistische Parolen und hat Spaß. Von den vielen Leuten ist am 2. Mai hingegen nichts mehr zu sehen. Nur 13 Antifas demonstrieren in einem Kaff namens Seidendorf gegen die Enthüllung eines Abwehrkämpfer-Denkmals. KAB und Co. fordern ob des EU-Beitritts Sloweniens "Grenzen dicht", die Antifas die Anarchie.

8. + 9. Juli - VAWS-Festival verhindert!
Der rechtssextreme deutsche Neofolk-Verlag "VAWS" plant vom 9. bis 11. Juli in Koroška ein 3tägiges Musikfestival mit einschlägigen Bands durchzuführen. Im Vorfeld beschließt der Kärntner Landtag eine Erklärung gegen das Festival, die Medien schreiben sich die Finger wund. An der antifaschistischen Demo in Celovec beteiligen sich erfreulicherweise knapp 200 Personen. Im Laufe der nächsten Stunden erfahren die Antifas den ungefähren Veranstaltungsort und führen in Spittal an der Drau kurzfristig noch eine Kundgebung gegen das Festival durch. Die Polizei kann aufgrund des durch die Proteste aufgebauten medialen Drucks nicht anders und hindert die VAWS-Crew schon am Aufbau des Festivals. Die Nazis heulen im Internet rum und verkünden "Wir kapitulieren nicht, wir gehen unter!!". Und die Polizei? Ja, die sah das "Gefahrenpotential bei den Antifaschisten"...

8. bis 15. Oktober - "Heimat.Los - Aktionstage gegen Kärntner Heimatherbst und AFP"
Der "Kärntner Heimatherbst" ist nicht nur ein von Jörg Haider ins Leben gerufener Reigen von Trachten-Humptata-Veranstaltungen, auch diverse rechtsextreme Veranstaltungen erblühen prächtig in diesem provinziellen Klima, die Ulrichsbergfeier ist nur eine davon. Die Kärntner AktivistInnen wurmt es in diesem Jahr vor allem, dass fünf Tage nach den 10. Oktober-Feierlichkeiten in Feldkirchen eine mehrtägige "politische Akademie" der rechtsextremen "Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik" (AFP) stattfindet. Am 10. Oktober fällt das "Fiesta Partyzana"-Konzert und die anschließende Demo in Celovec wegen monsunartigen Regens und kaum TeilnehmerInnen leider ins Wasser. In Feldkirchen sind dagegen 200 Leute auf den Beinen.

3. Dezember
Slowenische Jugendorganisationen und UnterstützerInnen demonstrieren in St.Kanzian/Skocijan für zweisprachige Ortstafeln. Eine wird auch aufgestellt, wenige Stunden später aber wieder entfernt.

2005
30. Juni - Anti-Graffity Days
In Klagenfurt/Celovec fanden im Juni 2005 zum zweiten Mal die "Graffiti-Days" statt. Diese Veranstaltung gibt sich nach Außen hin "graffiti-fördernd", doch in Wahrheit geht es der Jugendabteilung der Stadt Klagenfurt/Celovec, mit Stadtrat Christian Schneider (BZÖ) um eine Aufspaltung der KünstlerInnen in "gute" und "böse" SprayerInnen. Diesmal "störten" AktivistInnen die Veranstaltung indem sie Flugblätter verteilten und eine "legale" Wand in die "Modefarbe" Orange tauchten.

20. April bis 8. Mai: VSTANI!
"Vstani!" heisst auf slowenisch "Steh auf!". Aufgestanden werden sollte gegen das revisionistische Geschichtsbild, das die rechts-rechtsextreme österreichische Bundesregierung im 60. Jahr nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus propagiert. Österreich war eh nur ein Opfer und heute können wir ja endlich wieder Stolz sein aufs Vaterland - so die Diktion von Schüssel und Co. Für den KHD und den KAB natürlich ein gefundenes Fressen und so planen sie eine "Gedenkkundgebung" für die "Opfer der Partisanen" am Domplatz. Eine Demo wird angemeldet und mit etwa 50 Leuten auch durchgeführt, die Wochen davor gibt's Vorträge, Filmabende und Workshops. Die RechtsextremistInnen blasen ihre Kundgebung ab und belassen es bei einer stillen kleinen Kranzniederlegung ein paar Tage vor dem 8. Mai.

Anfang Oktober - Koroška domovinska sluzba
Unbekannte AktivistInnen bringen an der Zentrale des rechtsextremen "Kärntner Heimatdienstes" eine slowenischsprachige Hinweistafel an.

2006
1. Mai bis 28. August - BOMBA CLAB BLEIBT!
Wegen akutem Mangel an Freiräumen besetzen Jugendliche zwei alte Häuser am Kreuzbergl in Klagenfurt und taufen sie "Bomba Clab". In den nächsten Monaten gibt es hier Konzerte, Parties, Vorträge, Grillabende und was halt so anfällt. Durch die Besetzung wird auch bekannt, dass die Häuser früher eine Schießübungsstätte von Heer, Wehrmacht und SS waren. Letztere ermordete dort 17 Deserteure... Es kommt zu einem Straßenfest für Freiräume in der Innenstadt und in Verhandlungen mit der Stadt wird ein Deal ausgehandelt. Binnen eines Monats soll es ein grobes Nutzungskonzept geben, dafür lässt sich die Polizei nicht mehr vor und in den Häusern blicken, welche sie vorher mit gezogenen Pistolen (!) gestürmt hatte. Jugendstadtrat Michael Matzan (SPÖ) bricht die Abmachung, als die Polizei mit einer Dutzendschaft anrückt, auch das Magistrat kann es nicht lassen und räumt wiederholt die Inneneinrichtung. Als Antwort wird die Tür des Rathauses nachts mit einer Kette zugesperrt, die Feuerwehr muss sie am nähsten Morgen aufschneiden. Am 28. August gibt es das vorläufig letzte Konzert, und schweren Herzens beginnt die Winterpause.

10. Oktober aus dem Kalender streichen
Etwa 30 Antifas demonstrieren am 10. Oktober gegen den Landesfeiertag, Deutschnationalismus im Konkreten, und gegen Kärnten im Allgemeinen durch Klagenfurts Innenstadt. Die Stadt ist voll mit "heimattreuen" KärntnerInnen und die sind ziemlich sauer wegen der Demo. Gut so!

3. November - "Vertreibt die Ambruser RassistInnen, nicht die Roma!"
Pogromstimmung in Slowenien! Die Roma-Familie Strojan wird von einem rassistischen Mob aus dem Dörfchen Ambrus vertrieben. Die slowenische Regierung sagt es gibt im Land "keinen Rassismus". Ein guter Grund für 10-20 Klagenfurter Antifas am Neuen Platz und vor dem slowenischen Konsulat zu demonstrieren. Die Demo erregt viel Aufsehen in Slowenien, die Kärntner Polizei reagiert komplett panisch und es setzt Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, obwohl die Demo ordnungsgemäß angemeldet ist.

1. Dezember - Antifa-Demo in St.Veit/Glan
Die Provinzpolizei will mal was anderes machen als Katzen von Bäumen zu holen und nimmt einen jugendlichen Punk in St.Veit mit aufs Revier. Sie zwingen ihn, durchgestrichene Hakenkreuze auf seiner Kleidung zu übermalen, sonst gäbe es eine Anzeige wegen NS-Widerbetätigung. Unter dem Motto "wir lassen uns das Dagegensein nicht verbieten!" demonstrieren daraufhin etwa 30-40 Punx und Antifas ausgelassen durch St.Veit, anschließend wird in der Innenstadt mit viel Bier und guter Laune gefeiert und die Innenstadt belebt.

11. Dezember - Scheiß Stadt! Lendspitz für ALLE!
Was ist schon eine Gemeinderatssitzung? Etwa 10-15 linke Jugendliche unterbrechen mittels Sitzblockade die Klagenfurter Gemeinderatssitzung, bei der nur über eine Sache abgestimmt werden soll: über die Verbauung der Wörthersee-Ostbucht mit einem Luxushotel und allem, was dazu gehört. Kostenlose Badeplätze und ein Naturschutzgebiet sollen dafür geopfert werden. Eine Sitzblockade ruft die Polizei auf den Plan, die bleibt aber friedlich. "Klagenfurt, Bonzenstadt, wir haben dich zum Kotzen satt" skandieren die AktivistInnen, die "Kleine Zeitung" schreibt daraufhin von den "Rebellen von Klagenfurt". Auch gut.

2007
21. Februar - FREI STATT KÄRNTEN!
Jörg Haider ruft in Griffen/Grebinj den "Freistaat Kärnten" aus. An sich zwar einfach nur wahnsinnig, doch sowas findet Anklang in Kärnten. Einige Antifas demonstrieren mitten in der Veranstaltung mit Transparent, Flugblättern und Parolen gegen Haiders selbstinszenierte Krönung zum König von Kärnten. Das BZÖ zeigt einige der AktivistInnen wegen "Herabwürdigung des Staates und seiner Symbole" an, Anlass ist folgende Grafik, zu sehen auf den Flugblättern. Die Verfahren werden zwar eingestellt, trotzdem setzt es für einige AktivistInnen noch kleinere Geldstrafen.

Anfang Februar - Betteln is not a crime!
Die Stadt Klagenfurt verordnet ein Bettelverbot. Frechheit! Bei der Aktion wird mittels Flyern darauf aufmerksam gemacht, dass mensch Armut nicht einfach verbieten kann. Es gibt leckeres Gratisessen und auch hier kann es die Polizei nicht lassen, zwei Aktivisten wegen des Verstoßes gegen's Versammlungsgesetz anzuzeigen.

8. Juni
AktivistInnen verhängen Transparente und verteilen Flugblätter gegen die Polizeirepression beim G8-Gipfel in Heiligendamm.

7. Juli - "Weltrevolution" in St.Veit
Punx aus ganz Österreich treffen sich in St.Veit a.d. Glan um die "Weltrevolution" zu feiern. Der Polizei gefällt das nicht und das Treffen wird mit massiver Gewalt aufgelöst. 5 Leute werden festgenommen, viele verletzt und verprügelt. Sogar die Anti-Terror-Einheit "Cobra" ist anwesend.