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Ulrichsberg wegbeamen!
Revisionistische Traditionspflege verhindern

Zum 49ten Mal lädt heuer die Ulrichsberggemeinschaft (UBG), ein Zusammenschluss aus diversen Heimat- und Kameradschaftsverbänden zur Feier am Ulrichsberg ein. Diese zelebriert in Koroška/Kärnten bei den Gedenkfeierlichkeiten für Wehrmachts- und SS-Verbände jedes Jahr aufs Neue den Glauben an die kollektive Unschuld aller ÖsterreicherInnen am Nationalsozialismus. "Diese Generation, die Österreich aus Schutt und Asche wieder aufbauen musste, bestand nicht aus Kriegsverbrechern. Sie hat den Krieg nicht gewollt, nie angestrebt, nie angeordnet und somit auch nicht zu verantworten", meinte der Obmann der Ulrichsberggemeinschaft, Peter Steinkellner, 2006 am Berg.

Geschichtsrevisionismus, die Relativierung der Verantwortung und Mitschuld am verbrecherischen Vernichtungsfeldzug von Wehrmacht und Waffen-SS und an der Shoah, die Heroisierung der gefallenen Soldaten und der "Heimkehrer" verbergen sich hinter der Fassade einer „Friedens- und Europafeier“. Als Basis für diese Geschichtsverdrehung dient die „soldatische Pflichterfüllung“, mittels derer die Verantwortung für sämtliche Kriegsverbrechen auf eine kleine Riege von hochrangigen Nazis abgewälzt wird. Der Europabegriff, der am Berg glorifiziert wird, bezieht sich auf die SS, deren Freiwillige aus allen Ecken Europas kamen, und die „gegen den Bolschewismus mit der Waffe gekämpft haben“ (KAM 1982/10, 1). Ein „Europa der Völker“ wird gefordert, das im Gegensatz zu den „Vereinigten Staaten von Europa“ „ein klares Nein zu einem multikulturellen Einheitsbrei“ (HAIDER 2000) und strikte ethno-kulturelle Grenzen aufrecht erhalten soll.

Die Ulrichsberggemeinschaft
Das Ziel des „Verein für die Heimkehrgedenkstätte ’Ulrichsberg’“ (Ulrichsberggemeinschaft), dessen Aktivitäten sich bis in die unmittelbare Nachkriegszeit zurückverfolgen lassen, war anfangs die Errichtung der Gedenkstätte und ist seither die Organisation der jährlichen Treffen. Die Gemeinschaft umfasst verschiedene Organisationen, wie zum Beispiel diverse Kameradschafts- und Kriegsopferverbände, darunter den „Österreichischen Kameradschaftsbund“ (ÖKB), den „Kärntner Abwehrkämpferbund“ (KAB), den „Kärntner Heimatdienst“(KHD), die „Kameradschaft ehemaliger Gebirgsjäger“, den „Heimkehrerverband Kärnten“, den „Orden der Ritterkreuzträger“ und die „Volksdeutsche Landmannschaft“, sowie bundesheernahe Vereinen und verschiedene kärntner Kultur- und Freizeitvereine.
Das Ulrichsbergtreffen stößt auch außerhalb rechter Parteien und ihrer AnhängerInnen auf Sympathie oder – im besten Fall – Desinteresse. Der amtierende Präsident der Ulrichsberggeminschaft ist dafür ein gutes Beispiel: Rudolf Gallob war Landeshauptmannstellvertreter für die SPÖ.

(Waffen-)SS, Wehrmacht, K IV und Gebirgsjäger
Gedacht wird der gefallenen Kameraden und ihrer „anständigen Pflichterfüllung“ als Soldaten. Dabei wird der Mythos von „Kampfes- und Opfertod“ für die „Freiheit des Vaterlandes“ in beiden Weltkriegen und im "Kärntner Abwehrkampf“ genährt. So wurde in den Predigten 1974 und 1979 Walter Reder, einem ehemaligen SS-Obersturmbannführer, der damals gerade seine Haftstrafe in Italien absaß, gedacht. 1974 meinte der „Heimkehrerpfarrer“ Hildebrandt am Berg: "Wir brauchen keinen Krieg, um Kameradschaft zu erleben und zu üben, denn wenn alle Völker unter dem Kreuz stünden, gäbe es keine Kriegsgefangenen, dann wäre auch Major Walter Reder frei und dann würden nicht nur die Sieger recht haben, dann gäbe es Versöhnung."
Unter Reders Kommando wurde zwischen 29. September und 1. Oktober 1944 als „Vergeltung“ für PartisanInnenanschläge die ganze Region zwischen Bologna und Florenz zerstört. Über 800 ZivilistInnen wurden bei diesem Einsatz ermordet. Ein Militärgericht in Bologna verurteilte ihn zu lebenslanger Haft. 1985 wurde Reder jedoch entlassen und bei seiner Einreise nach Österreich vom damals amtierenden Verteidigungsminister Frischenschlager (FPÖ) mit Handschlag willkommen geheißen.

Eine Schlüsselstelle bei den jährlichen Treffen nimmt die K IV ein, eine Veteranenorganisation ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS. Die K IV stellt die Waffen-SS als vierten Wehrmachtsteil dar und versucht damit die Urteile der Nürnberger Prozesse auszuhebeln, in denen jene klar als „Teil einer verbrecherischen Organisation“ benannt wurde.
Die K IV veranstaltet am Tag vor der Ulrichsbergfeier traditioneller Weise eine Begleitveranstaltung in Kriva Vrba/Krumpendorf, auch als „Krumpendorftreffen“ bekannt geworden, die als Brückenschlag zwischen „jung“ und „alt“ fungieren soll. Dort treffen sich Neo-Nazis und "Größen" wie SS-Obersturmbannführer Soeren Kam und Himmlers Tochter Gudrun Burwitz.
Geschichtsrevisionismus und die Verharmlosung und Relativierung der Shoah werden am Berg meist offen praktiziert. So meinte der Festredner Erich Vallon 1979 sogar: "Wenn wir vom Österreichischen Dokumentationszentrum als Ulrichsberggemeinschaft zu Rechtsextremisten gestempelt werden, stört uns dies nicht. Beweist es doch höchstens, dass Standort und Anschauung der ehemaligen Frontsoldaten ein anderer ist, als jener die ihre Fronterlebnisse hinter Stacheldraht oder in der Emigration erlebt haben."
Auch präsent am Ulrichsberg sind ehemalige Angehörige der "Gebirgsjäger", einer Spezialeinheit der Wehrmacht. Ihr werden zahlreiche Massaker in Griechenland, Italien, Frankreich, Finnland, Jugoslawien, Polen, Albanien, der Sowjetunion und am Kaukasus angelastet.

Entschädigung der Opfer!
Im zweisprachigem Gebiet von Koroška/Kärnten, an der Grenze zu Slowenien, fand im Zweiten Weltkrieg der einzige militärisch bedeutsame bewaffnete Kampf gegen das Nazi-Regime im damaligen Reichsgebiet statt. Koroška/Kärnten war und ist deutschnationale Hochburg, in der die PartisanInnen bis heute als "VerräterInnen" diffamiert werden. Im Artikel 7 des Staatsvertrag von 1955 wurden grundlegende Rechte der slowenischsprachigen "Minderheiten" in Koroška/Kärnten und der Steiermark geregelt. Bis zum heutigen Tag werden diese Rechte missachtet und sogar die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln verhindert. Im Feindbild des "Slowenischen" verbinden sich antislawische Ressentiments mit der Glorifizierung des "Abwehrkampfs" gegen den Bolschewismus und dem Hass auf die "kommunistischen Tito-PartisanInnen". Deren maßgeblicher Beitrag zur Befreiung Koroška/Kärntens vom Nationalsozialismus wird hingegen ausgeblendet.

Bis heute werden die Opfer von Wehrmachtsverbrechen nicht entschädigt, obwohl die Wehrmacht einen antisemitischen und rassistischen Vernichtungskrieg führte und damit die Ideologie des Nationalsozialismus militärisch umsetzte. Insbesondere im TäterInnenland Österreich wird nach wie vor keine Verantwortung für die Verbrechen der Wehrmacht übernommen. Aus diesem Grund wird in naher Zukunft eine Entschädigung aller Opfer der SS und Wehrmacht wohl kaum umgesetzt werden. Während die MörderInnen von einst strafrechtlich nicht verfolgt wurden und sich ihre "Dienstjahre" für die Pension anrechnen können, wird die Entschädigung von NS-Opfern, Deserteuren und PartisanInnen in Österreich bis heute verzögert. Bis es schlicht zu spät ist.

Wir rufen zu den antifaschistischen Protesttagen vom 19. bis 21. September in Celovec/Klagenfurt auf!

Ulrichberg wegbeamen! Nikoli Več Ulrichsberg!

Gegen revisionistische Opfer-Mythen! Proti revizionističnim mitom o žrtvah!
Für die Auflösung des Ulrichsbergtreffens! Za razpustitev srečanja na Ulrichsbergu!
Für die Bestrafung der letzten lebenden Kriegsverbrecher! Za kaznovanje zadnjih živih vojnih zločincev!
Für die sofortige Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure! Za takojšnjo rehabilitacijo dezerterjev "wehrmacht-a"!
Für die sofortige Entschädigung aller NS-Opfer! Za takojšnjo odškodnino vsem NS-zrtvam!